Mit dem Finanz-Organisationsreformgesetz (FORG) wurde nicht nur ein Bundesgesetz über die Schaffung eines Amts für Betrugsbekämpfung (ABBG) normiert, sondern auch weite Teile der BAO geändert. Gleichzeitig wurde das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 außer Kraft gesetzt. Alle diese Änderungen treten erst mit 1.7.2020 in Kraft. Die wesentlichen Änderungen der BAO sind dabei folgende:
Als Behörden der Bundesfinanzverwaltung gelten künftig das BMF, das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe, das Zollamt Österreich, das Amt für Betrugsbekämpfung und den Prüfdienst für lohnabhängige Abgaben und Beiträge. Das Finanzamt für Großbetriebe ist für Betriebe mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio € in den letzten 2 Jahresabschlüssen bzw. Steuer-erklärungen zuständig. Daneben werden ua Privatstiftungen, gemeinnützige Stiftungen und Fonds sowie gemeinnützige Bauvereinigungen dem Finanzamt für Großbetriebe zugeordnet. Ein Finanz-amt oder auch ein Abgabepflichtiger kann eine Übertragung der Zuständigkeit auf ein anderes Finanzamt (zB vom Finanzamt Österreich an das Finanzamt für Großbetriebe) verfügen bzw beantragen, wenn zB wahrscheinlich ist, dass das andere Finanzamt zu einem späteren Zeitpunkt zuständig werden wird.
Unter anderem wurde auch die Möglichkeit zur Weiterleitung bestimmter von Online-Plattformen übermittelter Aufzeichnungen an die Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden zur Erhebung von Abgaben auf die Nächtigungen gesetzlich geregelt. Die Buchhaltungsagentur des Bundes wird verpflichtet, Kontrollmitteilungen betreffend Gebühren von Sachverständigen dem BMF auf elektronischem Weg zu übermitteln. Auszahlungen, die im Jahr 2019 stattgefunden haben, sind bis zum 30.6.2020 dem BMF nachzuliefern.
Die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer wurde von bisher € 30.000 auf € 35.000 erhöht. Damit wurde die nach EU-Recht maximal mögliche Kleinunternehmergrenze ausgeschöpft. Auch für die neue Kleinunternehmergrenze wird die bisherige Rechtsprechung des VwGH, wonach sie ohne fiktiven Ansatz der darauf entfallenden Umsatzsteuer zu betrachten ist, weiterhin gelten (siehe auch Rz 995ff UStR). Gleichzeitig wurde die Grenze, bis zu der Kleinunternehmer von der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung befreit sind, auf € 35.000 erhöht.
Für Krafträder mit einem CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer (zB Motorfahrräder, Mo-torräder mit Beiwagen, Quads, Elektrofahrräder und Selbstbalance-Roller mit ausschließlich elektrischem oder elektrohydraulischem Antrieb) ist ab 1.1.2020 nun der Vorsteuerabzug möglich.
Für elektronische Publikationen iSd Anlage 1 Z 33 UStG, die nicht vollständig oder im Wesentlichen aus Video- oder Musikinhalten bestehen bzw Werbezwecken dienen, wurde der Umsatzsteuersatz auf 10 % gesenkt.
Für die Beurteilung von Reihengeschäften bzw Zuordnung der bewegten Lieferung ist ab 2020 eine EU weit einheitliche Regelung vorgesehen. Demnach liegt ein Reihengeschäft vor, wenn die-selben Gegenstände nacheinander geliefert werden und diese Gegenstände unmittelbar vom ersten Lieferer bis zum letzten Abnehmer (Empfänger) in der Reihe befördert oder versandt werden. Für die Frage, wer die Gegenstände versendet oder befördert, ist in unionsrechtskonformer Interpretati-on grundsätzlich darauf abzustellen, auf wessen Rechnung die Versendung oder Beförderung passiert. Beauftragt allerdings ein Unternehmer eine andere Person in der Reihe, die Gegenstände auf Rechnung des Unternehmers zu befördern oder zu versenden, ist die Beförderung oder Ver-sendung der beauftragten Person zuzuschreiben.
Das sind Lager, die ein Verkäufer in einem anderen Mitgliedstaat unterhält und aus dem Käufer bei Bedarf Waren entnehmen. Der Käufer wird erst im Zeitpunkt der Entnahme Eigentümer der Waren. Nach bisheriger Rechtslage führte die Einlagerung im Konsignationslager zu einem innergemein-schaftlichen Verbringen durch den Verkäufer und die anschließende Entnahme zu einem steuer-pflichtigen Umsatz in dem Mitgliedstaat, in dem das Konsignationslager lag. Seit 1.1.2020 führen die Warenverbringungen in das Konsignationslager nicht mehr zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen. Dafür liegt nunmehr bei der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager eine innergemeinschaftliche Lieferung durch den Verkäufer vor. Bestimmte Meldungen und Eintragun-gen in ein Register sind erforderlich. Außerdem muss die Entnahme aus dem Konsignationslager innerhalb von 12 Monaten erfolgen, widrigenfalls ein innergemeinschaftliches Verbringen vorliegt.
Ab 1.1.2020 wurden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen bezüglich Steuerfreiheit von inner-gemeinschaftlichen Lieferungen ausgeweitet: Für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen soll es neben den bisherigen Voraussetzungen zusätzlich notwendig sein, dass dem Lieferer die Umsatzsteuer Identifikationsnummer (UID) des Abnehmers, die von einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurde, mitgeteilt wurde und der Lieferer seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung (ZM) nachgekommen ist. Wird keine oder nur eine unvollständige oder unrichtige ZM für diese Lieferung abgegeben, ist die i.g. Lieferung steuerpflichtig. Die Steuerbefreiung kann aber gewährt werden, wenn das Versäumnis hinreichend begründet und die ZM entsprechend berichtigt wird.
Wird die UID erst nachträglich mitgeteilt, ist eine Rechnungsberichtigung möglich. Der Erwerber muss dem Lieferanten aber nachweisen, dass er zum Zeitpunkt des Erwerbes Unternehmer war.
Ab 1.1.2020 wurden bestimmte Aufzeichnungspflichten für Online-Plattformen und Marktplätze (zB Amazon und AirBnB), die zwar nicht selbst Umsätze ausführen, aber Umsätze im Inland unter-stützen bzw vermitteln, eingeführt. Die Aufzeichnungspflichten wurden mit Verordnung des BMF im Detail festgelegt und umfassen die für die Abgabenerhebung relevanten Informationen.
Unterstützt eine Plattform die Vermietung von Grundstücken für Wohn- und Campingzwecke oder die Beherbergung in eingerichteten Wohn- und Schlafräumen, sind auch die Postadresse des Grundstücks, die Aufenthalts- bzw Mietdauer und die Anzahl der Personen, die übernachten bzw – falls nicht erhältlich – die Anzahl und Art der gebuchten Betten anzugeben.
Gleichzeitig mit den Aufzeichnungspflichten wurde auch eine Haftung der Online-Plattformen und Marktplätze für die mit den vermittelten Umsätzen einhergehende Umsatzsteuer normiert. Die Haftung wird schlagend, wenn die Plattform ihren Aufzeichnungs- und Meldeverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. Die Meldungen der Plattformen haben über FinanzOnline entweder über ihren Parteienvertreter, über ihren eigenen Zugang oder über ein für diese Meldeverpflichtungen eigens eingerichtetes Onlineverfahren zu erfolgen.
Das EU MPfG wird mit 1.7.2020 in Kraft treten und enthält eine Pflicht zur Meldung von be-stimmten grenzüberschreitenden Gestaltungen an die österreichischen Finanzbehörden, und zwar von Gestaltungen, die zumindest zwei EU-Mitgliedstaaten oder einen EU-Mitgliedstaat und ein Drittland umfassen und auf ein Risiko der Steuervermeidung, der Umgehung des gemein-samen Meldestandard Gesetzes oder der Verhinderung der Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers hindeuten (etwa eine intransparente Kette an rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigen-tümern, Verrechnungspreisgestaltungen mit „schwer zu bewertenden immateriellen Vermögenswer-ten“, zirkuläre Vermögensverschiebungen mithilfe von zwischengeschalteten Unternehmen ohne primäre wirtschaftliche Funktion).
Für Onlinewerbeleistungen international tätiger Onlinewerbeleister im Inland, die nach dem 31.12.2019 erbracht werden, wird eine 5%ige Digitalsteuer vom Entgelt für die Onlinewerbung geschuldet. Onlinewerbeleister sind Unternehmen, die einen weltweiten Umsatz von zumindest € 750 Mio und im Inland einen Umsatz von zumindest € 25 Mio aus der Durchführung von Online-werbeleistungen erzielen. Bei multinationalen Unternehmensgruppen ist auf den Umsatz der Grup-pe abzustellen. Die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die steuerpflichtige On-linewerbung erbracht wurde. Der Steuerschuldner hat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats nach Entstehen der Steuerschuld an das für die Erhebung der Um-satzsteuer zuständige Finanzamt abzuführen.