Ein Streifzug durch die aktuelle VwGH-Judikatur zeigt immer wieder interessante und für die betriebliche Praxis informative Sachverhalte auf, die neben einer Klarstellung auch für bislang nicht bedachte Fragenstellungen von Nutzen sind.
Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf Zinsen bei der österreichischen Privatstiftung
Erzielt eine österreichische Privatstiftung im Ausland Zinserträge, die grundsätzlich bei der Privatstiftung der österreichischen Zwischenbesteuerung unterliegen, und behält der ausländische Staat von diesen Zinserträgen aufgrund eines DBA Quellensteuer ein, so kann die Privatstiftung diese Quellensteuern in Österreich nur anrechnen, soweit in Österreich im betreffenden Veranlagungsjahr tatsächlich Zwischensteuer oder normale Körperschaftsteuer anfällt.
Gebührenpflicht bei ungewisser Höhe des Entgelts
Mit einem Zessionsvertrag wurde eine ungewisse Forderung abgetreten. Dabei wurde vereinbart, dass der zu zahlende Abtretungspreis davon abhängt, mit welchem Betrag die Forderung in Zukunft eingebracht werden kann. Der Abtretungspreis wurde aber mit einem Höchstbetrag begrenzt. Ein solcher Abtretungsvertrag unterliegt der vom Abtretungspreis abhängigen Gebühr nach dem Gebührengesetz. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes darf die Gebühr aber nicht vom höchstmöglichen Entgelt (hier: der vereinbarte Höchstbetrag) bemessen werden, vielmehr ist die wahrscheinliche Höhe des künftigen Entgelts zu schätzen (ähnlich bei einem umsatzabhängigen Pachtentgelt). Allenfalls kann das Finanzamt auch zunächst einen bloß vorläufigen Gebührenbescheid erlassen.
Zeitpunkt des Einlangens schriftlicher Eingaben an das Finanzamt
Wenn ein Steuerpflichtiger eine schriftliche Eingabe an das Finanzamt schickt, gelangt diese nicht unmittelbar in das Veranlagungsreferat. Die Eingabe wird nämlich finanzintern an eine zentrale Stelle in Wien geleitet, dort eingescannt (Scanning-Straße) und erst anschließend (einige Tage später) elektronisch an das zuständige Team der betrieblichen Veranlagung weitergeleitet. Der VwGH hat entschieden, dass die Eingabe erst mit dem Zeitpunkt des elektronischen Einlangens beim zuständigen Team der betrieblichen Veranlagung als dem Finanzamt „bekannt“ anzusehen ist. Hat das Finanzamt etwa – aufgrund der über FinanzOnline eingereichten Steuererklärung – einen Bescheid bereits einen Tag vor dem elektronischen Einlangen der gescannten Eingabe beim Team der betrieblichen Veranlagung erlassen, dann kann die in der Eingabe enthaltene Information eine neu hervorgekommene Tatsache sein, die das Finanzamt zur Wiederaufnahme des Verfahrens und zur Erlassung eines geänderten Bescheides berechtigt.
Verlängerter Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bei fehlender Aufforderung zum Verbrauch
Demnach verjährt der Urlaub nicht, sollte es der Arbeitgeber verabsäumt haben, den Arbeitnehmer zum Verbrauch seines Urlaubsanspruchs aufgefordert bzw auf die drohende Verjährung dieses Anspruchs hingewiesen zu haben. Insofern folgt der OGH in seiner Entscheidung der vom EuGH vertretenen Linie.
Work-Life-Balance und das Arbeiten von Zuhause aus ist für die neue Generation an Mitarbeitenden nicht mehr wegzudenken. Nach dem Ende der Covid-19-Sonderregelungen gilt es, diese Form des Arbeitens in das bestehende Regelwerk einzubinden.
Homeoffice und Arbeitsstätte in unterschiedlichen Ländern
Liegt der Wohnort und damit das Homeoffice des Dienstnehmers nicht im Sitzstaat des Arbeitgebers, führt dies zu steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten. Diese Situation liegt etwa dann vor, wenn das Homeoffice des Dienstnehmers in Österreich liegt, der Sitz des Arbeitgebers aber im Ausland. Die Problematik betrifft hier einerseits (a) die Besteuerung des Gewinnes des Arbeitgebers, falls das Homeoffice als eine Betriebsstätte eingestuft wird, und andererseits (b) die Besteuerung des Arbeitslohnes.
a. Homeoffice des Dienstnehmers als mögliche inländische Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgeberbetriebes
Wird das inländische Homeoffice des Dienstnehmers als Betriebsstätte des Arbeitgebers eingestuft, ist ein Teil des Arbeitgebergewinnes im Inland zu besteuern. Ein Homeoffice gilt allerdings dann von vornherein nicht als Betriebsstätte, wenn der Dienstnehmer dort nur Hilfstätigkeiten erbringt, also Tätigkeiten, die nicht das Kerngeschäft des Arbeitgebers betreffen.
Wesentlich ist Folgendes: Eine Betriebsstätte kann nur dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber Verfügungsmacht über das Homeoffice hat.
Keine Verfügungsmacht des Arbeitgebers wird angenommen, wenn die Tätigkeit lediglich gelegentlich (oder zB seinerzeit lediglich pandemiebedingt) im Homeoffice ausgeübt wird. Verfügungsmacht wird zudem beim Homeoffice auf Wunsch nicht angenommen, also der Arbeitgeber das Homeoffice nicht verlangt und dem Dienstnehmer einen ständigen Arbeitsplatz (im Betrieb) zur Verfügung stellt, der auch tatsächlich genutzt wird. Der ausländische Arbeitgeber ist also auf der sicheren Seite, wenn er dem Dienstnehmer einen Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung stellt und das Homeoffice bloß erlaubt, aber nicht anordnet. In einer jüngst ergangenen Anfragebeantwortung hat das BMF diese Auffassung bestätigt, aber offen gelassen, ob auch beim Führungspersonal des Betriebes das bloße „Nichtverlangen“ eines Homeoffice ausreicht, um eine Betriebsstätte des Arbeitgebers zu verhindern.
b. Besteuerung des Dienstnehmers wegen des inländischen Homeoffice.
Arbeitslöhne werden grundsätzlich am Tätigkeitsort steuerpflichtig. Insoweit der vom ausländischen Arbeitgeber bezahlte Lohn auf Arbeitstage im inländischen Homeoffice des Dienstnehmers entfällt, steht Österreich das Besteuerungsrecht zu (eine Ausnahme hat es für die Pandemiezeit gegeben). Falls der ausländische Arbeitgeber in Österreich eine Betriebsstätte hat, muss er für einen in Österreich steuerpflichtigen Lohnanteil den österreichischen Lohnsteuerabzug vornehmen. (Bei jenen DBAs, die eine Grenzgängerregelung enthalten, ist zu beachten, dass Grenzgängerregelungen das arbeitstägliche Pendeln zwischen Betrieb und Wohnung verlangen und daher bei regelmäßigem Homeoffice unanwendbar werden.)
In der Sozialversicherung gilt: Jeder Dienstnehmer ist nur in einem EU-Mitgliedstaat pflichtversichert, grundsätzlich in seinem Tätigkeitsstaat. Während der Pandemie hatte die Tätigkeit im Homeoffice nichts an der Sozialversicherung geändert. Ab 1.7.2023 gilt: Wenn der über die Grenze pendelnde Dienstnehmer mindestens 25% seiner Berufstätigkeit in seinem Wohnsitzstaat erbringt, ist dieser Wohn-Mitgliedstaat für die Sozialversicherung zuständig. Der Dienstnehmer kann allerdings aufgrund einer neuen europäische Rahmenvereinbarung (MRV-Telearbeit) für grenzüberschreitende Telearbeit einen „Ausnahmeantrag“ stellen, um in der Sozialversicherungszuständigkeit des Arbeitgeberstaates zu bleiben, wenn er weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit im Homeoffice im Wohnsitzstaat verbringt.
Viele buchen gerne ihre Urlaubsquartiere über booking.com oder airbnb. Dies lockt kreative Jungunternehmer an, auch mit der Vermittlung von Sonnenschirmen, Gesundheitsleistungen oder E-Bikes dem Trend zu folgen. Dabei darf die steuerliche Mitteilungspflicht solcher Online-Plattformen nicht übersehen werden.
Internet-Plattformen, die steuerpflichtige Leistungen an Privatpersonen (Konsumenten) im Inland vermitteln bzw unterstützen, müssen seit 1.1.2020 Aufzeichnungen über die Leistungserbringer und deren Einnahmen führen und grundsätzlich die Informationen an das Finanzamt weiterleiten. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht zum Beispiel dann, wenn die Plattform die Vermietung von Wohnungen (Ferienwohnung an Touristen) oder die entgeltliche Gäste-Beherbergung vermittelt. Das Finanzamt darf die Informationen auch den Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden (auf deren Anfrage) weiterleiten.
Aufgrund der Vorgaben einer EU-Richtlinie hat sodann im Jahr 2022 der österreichische Gesetzgeber das Digitale Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG) geschaffen, dass die steuerlichen Pflichten der digitalen Plattformen noch weitergehender regelt. Die vom Digitale Plattformen-Meldepflichtgesetz erfassten Tätigkeiten sind solche an Konsumenten wie auch solche an Unternehmer, insbesondere die Vermietung von Immobilien, persönliche Dienstleistungen, der Verkauf von Waren und die Vermietung jeglicher Verkehrsmittel. Dieses Gesetz ist mit 1.1.2023 in Kraft getreten. Es verpflichtet die Plattformbetreiber, die Informationen einmal jährlich bis zum 31. Jänner des Folgejahres elektronisch dem Finanzamt zu übermitteln. Die erste Meldung für den Meldezeitraum 2023 hat bis spätestens 31.1.2024 an das Finanzamt zu erfolgen. Das Finanzamt kann die Daten auch den ausländischen Steuerverwaltungen weiterleiten. Spezielle Strafbestimmungen für Plattformen sollen abschreckend wirken. Bei schuldhafter Verletzung der Meldepflicht drohen Geldstrafen bis zu € 200.000.
Zusätzlich sind in landesgesetzlichen Vorschriften betreffend Tourismusabgaben (Ortstaxe, Aufenthaltsabgabe, Nächtigungsabgabe) ebenfalls Meldepflichten für Internet-Plattformen enthalten. Beispielsweise regelt das Wiener Tourismusförderungsgesetz (für Zwecke der Wiener Ortstaxe) seit August 2017, dass Online-Plattformen die Namen der Unterkunftgeber (Vermieter) und die Adressen aller ihrer auf der Plattform registrierten Unterkünfte im Gebiet der Stadt Wien dem Magistrat bis zum 15. des der jeweiligen Registrierung nächstfolgenden Monats bekanntgeben müssen.
Auch die Verletzung der Meldepflicht nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz steht unter Strafe. Auf der Plattform einer irischen Gesellschaft waren 6.877 Wiener Wohnungen (Unterkunftseinheiten) registriert. Weil die irische Gesellschaft dem Magistrat Wien die Daten der Vermieter und der einzelnen Wohnungen (von August 2017 bis März 2019) nicht bekannt gegeben hatte, nahm der Magistrat 6.877 Verwaltungsübertretungen an und verhängte deshalb über den Geschäftsführer der Gesellschaft eine Geldstrafe von € 240.695. Der Fall ging bis zum VwGH, der diese Strafe kürzlich bestätigte.
TIPP: Geschäftsführer digitaler Plattformen sollten rechtzeitig vor dem Jahresende prüfen, ob eine korrekte und vollständige Übermittlung der meldepflichtigen Daten auch aus technischer Sicht möglich ist.
Anlässlich der aktuellen Katastrophenschäden im Zusammenhang mit Hochwasser und Erdrutschungen wurde vom Finanzministerium eine Information veröffentlicht, in welcher auf diverse steuerliche Erleichterungen hingewiesen wird. Wir möchten Sie über die wichtigsten Erleichterungen in dieser Ausgabe hinweisen:
Wurde bereits eine Gebühr bezahlt, so kann diese zurückverlangt werden.