Ende des Jahres 2022 gab es wieder eine Reihe von interessanten höchstgerichtlichen Entscheidungen. Wir haben für Sie die unserer Meinung nach für die Praxis besonders relevanten Judikate herausgesucht und in kurzer Form dargestellt.
Ein Ehepaar errichtete auf seinem Grundstück ein Wohnhaus. Bereits während der Bauphase ließ es über Makler nach Mietern suchen. Wegen der beabsichtigten Vermietung machte das Ehepaar auch die Vorsteuern aus den Baukosten geltend. Da nach Fertigstellung des Hauses kein geeigneter Mieter gefunden werden konnte, verkaufte das Ehepaar die Immobilie und machte bei der ImmoESt die Steuerbefreiung für selbst hergestellte Gebäude geltend. Der VwGH entschied, dass die Steuerbefreiung nicht zusteht, weil das Gebäude der Erzielung von Vermietungseinkünften gedient hat. Dafür reicht nämlich bereits die objektiv nachbeweisbare Vermietungsabsicht aus. Offen blieb, ob die ImmoESt-Befreiung zusteht, wenn der Nachweis gelingt, dass die Vermietung Liebhaberei gewesen wäre.
Eine Grundstückeigentümerin räumte einem Kaufinteressenten die Option zum Kauf ihres Grundstücks innerhalb einer bestimmten Frist (Ausübungszeitraum) ein. Für die Optionseinräumung erhielt sie ein Entgelt. Wird die Option nicht ausgeübt, führt dieses Entgelt bei der Grundstückseigentümerin zu Einkünften aus Kapitalvermögen, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Ausübungszeitraum abläuft.
Ein Steuerpflichtiger hatte in Deutschland und in Österreich einen Wohnsitz und erzielte auch in beiden Staaten Einkünfte. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen war in Österreich. Die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung für die deutschen und österreichischen Einkünfte fielen in Österreich an (Sozialversicherung der Selbständigen). Grundsätzlich muss der Wohnsitzstaat die Sozialversicherung einkommensteuerlich abziehen. Bei zwei Wohnsitzstaaten muss jeder der beiden Staaten jenen Teil der Sozialversicherung abziehen, der auf die von ihm aufgrund des DBA zur Besteuerung zugewiesenen Einkünfte entfällt. Falls aber im ausländischen Wohnsitzstaat nach der dortigen Rechtslage der Abzug nicht möglich ist, nimmt Österreich als weiterer Wohnsitzstaat den Abzug der gesamten Sozialversicherung vor.
Ein Geschäftsführer erhielt 2011 eine hohe Zahlung zur Abfindung der Betriebspension. Diese Zahlung unterlag 2011 der Lohnsteuer. Im Folgejahr 2012 mussten ca € 350.000 des Abfindungsbetrages zurückbezahlt werden, weil dieser zu hoch ermittelt worden war. Die Rückzahlung führte 2012 zu Werbungskosten, die sich aber insoweit nicht steuerlich auswirken konnten, als sie das Einkommen 2012 überstiegen. Der VwGH entschied: Ausnahmsweise kann das Zufluss- Abflussprinzip eine sachliche Unbilligkeit bewirken und daher eine Abgabennachsicht rechtfertigen. Die Nachsicht ist im Falle einer gravierenden Belastung des Arbeitnehmers möglich, wenn ihn kein relevantes Verschulden am Zufließen des unrechtmäßigen Bezuges trifft .
Privatstiftungen können aufgedeckte stille Reserven aus dem Verkauf von Aktien und anderen Beteiligungen auf die Anschaffungskosten einer neu erworbenen Ersatzbeteiligung übertragen. Die Übertragung der stillen Reserve ist insofern nicht möglich, als die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung aus einem Gesellschafterzuschuss resultieren. Zudem dürfen durch die Übertragung der stillen Reserve die Anschaffungskosten der Ersatzbeteiligung nicht negativ werden. Die Kapitalerhöhung bei einer bestehenden Tochtergesellschaft der Privatstiftung gilt nur dann als Ersatzbeteiligung, wenn sich als Folge der Kapitalerhöhung das Beteiligungsausmaß der Privatstiftung um zumindest 10% erhöht.
Mit Kaufvertrag aus dem Jahr 2010 hatte ein Käufer Eigentumsanteile an einem Grundstück gekauft, wofür der Parteienvertreter die Grunderwerbsteuer durch Selbstberechnung abgeführt hatte. Im Jahr 2016 schrieb das Finanzamt mit Bescheid die Grunderwerbsteuer von einer höheren Bemessungsgrundlage vor, weil es von einem Bauherrenmodell ausging und daher die Baukosten miteinbezog. Strittig wurde, ob im Jahr 2016 bereits Verjährung eingetreten war. Der VwGH verneinte die Verjährung. Das Finanzamt hatte im Jahr 2015 eine Grundbuchsabfrage gemacht sowie den Kaufvertrag aus der digitalen Urkundensammlung des Grundbuchs abgerufen und ausgedruckt und zudem eine Anfrage an die das Bauherrnmodell bewerbende GmbH gestellt. Jede dieser behördlichen Handlungen war eine Verlängerungshandlung (früher Unterbrechungshandlung), die eine Verlängerung der Verjährungsfrist bei Ende 2016 bewirkte.
Wenn Käufer und Verkäufer den Rechtsanwalt mit der Errichtung des Kaufvertrags beauftragen und sich der Käufer zur Tragung der gesamten Vertragserrichtungskosten verpflichtet, zählt die Hälfte der Vertragserrichtungskosten zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Beauftragt der Verkäufer allein die Verfassung der Vertragsurkunde und verpflichtet sich der Käufer, diese Kosten zur Gänze zu übernehmen, dann gehören die gesamten Vertragserrichtungskosten zu Bemessungsgrundlage. Nur wenn allein der Käufer den Auftrag erteilt, fällt keine Grunderwerbsteuer auf die Vertragserrichtungskosten an.
Mit Vertrag vom Jänner 2016 brachte eine natürliche Person ihren Kommanditanteil mitsamt dem aus Grundstücken bestehenden Sonderbetriebsvermögen rückwirkend zum 30.6.2015 nach Artikel III UmgrStG in eine GmbH ein. Liegt der Umgründungsstichtag nach dem 31.12.2015, bildet bei Vorgängen nach dem UmgrStG der Grundstückswert die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (anders bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken); lag der Umgründungsstichtag hingegen vor dem 1.1.2016, war der zweifache Einheitswert die Bemessungsgrundlage. Für Erwerbsvorgänge nach dem 31.12.2015 beträgt der Steuersatz bei Vorgängen nach dem UmgrStG grundsätzlich 0,5% (anders bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken); bildet aber wegen des rückwirkenden Umgründungsstichtags vor dem 1.1.2016 noch der zweifache Einheitswert die Bemessungsgrundlage, beträgt der Steuersatz 3,5%.
Wegen einer Steuerschuld von ca € 1,6 Mio hatte das Finanzamt durch das Bezirksgericht ein Pfandrecht am Grundstück des Steuerpflichtigen vormerken lassen. Dadurch fielen gerichtliche Gebühren von € 19.000 an, die keine Abgaben sind und daher nicht am Abgabenkonto verbucht werden, deren Ersatz das Finanzamt aber zivilrechtlich vom Steuerpflichtigen fordert. Da der Steuerpflichtige sein Grundstück verkaufen wollte, forderte das Finanzamt die Begleichung der Steuerschuld und diesen Gebührenersatz. Der Steuerpflichtige überwies die Steuer und die Gebühren in einer Summe auf das Abgabenkonto. Weil die Einzahlung des Gesamtbetrages ohne Anführung einer speziellen Verwendungswidmung erfolgt ist, stellt sie eine Saldozahlung auf dem Abgabenkonto zur Abdeckung von Steuerschulden dar, sodass sie nicht der Abdeckung der Gebührenforderung von € 19.000 diente. Nur soweit am Abgabenkonto ein Guthaben entsteht, kann das Finanzamt eine Aufrechnung mit seiner Gebührenforderung erklären.
Aufgrund der weiterhin enormen Teuerung im Bereich der Energiekosten hat die Bundesregierung am 22. Dezember 2022 weitere Unterstützungen dafür der Öffentlichkeit präsentiert. Neben der Ausweitung des Förderzeitraum des Energiekostenzuschusses I (EKZ I) bis Ende Dezember 2022 wurde der Energiekostenzuschuss II (EKZ II) vorgestellt.
Details zum EKZ II, die in einer Richtlinie erlassen werden, sind bis dato noch nicht bekannt. Wir möchten Ihnen dennoch einen Überblick über jene Informationen geben, die wir bereits haben:
Die Förderstufen und deren Voraussetzungen finden Sie in der Tabelle:
Stufe |
Fördergrenze pro Jahr in € |
Energie-intensität (Eingangs-kriterium) |
Förderintensität in % |
Berechnungsformel |
Ver-brauchsmenge |
Energieformen |
1 |
3.000 – |
0% |
60% |
Förderung der Mehrkosten |
100% |
Treibstoffe, |
2 |
2 Mio – |
0% |
50% |
Förderung des 1,5-fach übersteigenden Preises |
70% von 2021 |
Strom, Erdgas, Wärme/Kälte (inkl Fernwärme), Dampf, Heizöl, etc. |
3 |
4 Mio – 50 Mio |
3% auf 2021 oder 6% auf das erste Halbjahr 2022 |
65% |
Förderung des 1,5-fach übersteigenden Preises |
70% von 2021 |
Strom, Erdgas, Wärme/Kälte (inkl Fernwärme), Dampf, Heizöl, etc. |
4 |
50 Mio - 150 Mio |
3% auf 2021 oder 6% auf das erste Halbjahr 2022 |
80% |
Förderung des 1,5-fach übersteigenden Preises |
70% von 2021 |
Strom, Erdgas, Wärme/Kälte (inkl Fernwärme), Dampf, Heizöl, etc. |
5 (NEU) |
4 Mio – 100 Mio |
0% |
40% |
Förderung des 1,5-fach übersteigenden Preises |
70% von 2021 |
Strom, Erdgas, Wärme/Kälte (inkl Fernwärme), Dampf, Heizöl, etc. |
Dabei sind folgende Neuerungen besonders hervorzuheben:
Durch den Wartungserlass 2022 zu den Lohnsteuerrichtlinien 2002 wurden die im abgelaufenen Jahr ergangenen Judikate und Erlässe in die Lohnsteuerrichtlinien eingearbeitet. Wir stellen hier eine Auswahl der uns wesentlich erscheinenden Änderungen vor.
Wird ein arbeitgebereigenes Elektro-Kfz dem Arbeitnehmer auch für dessen private Fahrten überlassen (Dienstfahrzeug), dann gilt ab 2023: Kein Sachbezug wird angesetzt, wenn das Fahrzeug beim Arbeitgeber aufgeladen wird oder der Arbeitgeber die Kosten für das Aufladen an einer öffentlichen Ladestation ersetzt. Beim Aufladen an einer Ladeeinrichtung des Arbeitnehmers liegt kein Sachbezug vor, wenn als Strompreis maximal der von der E-Control veröffentlichte Haushaltspreis ersetzt wird (für 2023: 22,247 Cent/kWh) und die für das überlassene Kfz aufgewendete Strommenge durch eine „smarte Wallbox“ ermittelt wird. (Übergangsregelung bis Dezember 2025: Ist nachweislich keine „smarte“ Wallbox beim Arbeitnehmer vorhanden, bleibt ein Pauschalbetrag von maximal € 30 / Monat steuerfrei.)
Ersetzt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich die Kosten einer Ladeeinrichtung für dieses Dienstfahrzeug, ist nur ein € 2.000 übersteigender Betrag als Sachbezug anzusetzen.
Verwendet der Arbeitnehmer sein eigenes Elektro-Fahrzeug, wird kein Sachbezug angesetzt, wenn das Fahrzeug unentgeltlich beim Arbeitgeber aufgeladen wird. Jeder bezahlte Kostenersatz des Arbeitgebers für Ladestrom stellt aber steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Auch die Kostentragung für eine E-Ladestation beim Arbeitnehmer (für dessen eigenes Kfz) ist steuerpflichtiger Arbeitslohn.
Schließt ein Arbeitnehmer eine Vereinbarung mit einer Carsharing-Plattform, über die er für seine Privatfahrten E-Autos, E-Motorräder, E-Bikes oder E-Scooter gegen Bezahlung nutzen kann, und gewährt der Arbeitgeber hierfür einen Zuschuss, ist dieser ab dem Jahr 2023 bis max € 200 pro Jahr steuerfrei.
Erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber steuerfreie Zahlungen für ein Öffi-Ticket, vermindern diese steuerfreien Zahlungen die Höhe eines allfälligen Pendlerpauschales. Der Anspruch auf den Pendlereuro wird hingegen nicht gekürzt.
Soweit der Arbeitnehmer für seine Dienstreisen ein Öffi-Ticket verwendet, das ihm vom Arbeitgeber steuerfrei bezahlt worden ist, können keine weiteren Fahrtkostenersätze für die Dienstreise steuerfrei gewährt werden. Nur die Aufzahlung auf die erste Klasse oder auf die Business-Class kann zusätzlich steuerfrei gewährt werden. Sollte der Arbeitnehmer das Öffi-Ticket aber nachweislich nicht für Dienstreisen verwenden (zB Nutzung des eigenen PKW), können allgemein Fahrtkostenersätze (zB Km-Geld) steuerfrei ausbezahlt werden.
TIPP: Dokumentieren Sie, weshalb der PKW anstelle der Öffis verwendet wurde, zB weil umfangreiche Unterlagen mitzunehmen sind und das Meeting 40 km vom Bahnhof entfernt stattgefunden hat.
Verwendet der Arbeitnehmer für die Dienstreise das von ihm privat bezahlte Öffi-Ticket, sind Fahrtkostenersätze des Arbeitgebers für diese Dienstreise bis zur Höhe der fiktiven Kosten des (günstigsten) öffentlichen Verkehrsmittel steuerfrei. Gewährt der Arbeitgeber keinen solchen Fahrtkostenersatz, kann der Arbeitnehmer die fiktiven Kosten des (günstigsten) öffentlichen Verkehrsmittel als Werbungskosten absetzen.
Zahlt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern auf Grund der gestiegenen Preise zusätzlich zum Arbeitslohn eine Teuerungsprämie, ist diese als Bonuszahlung oder Zulage in den Kalenderjahren 2022 und 2023 bis zu einem Betrag von € 3.000 pro Arbeitnehmer und Jahr steuerfrei. Die Zahlungen dürfen nicht üblicherweise bisher gewährt worden sein. Belohnungen, die bereits in der Vergangenheit aufgrund von Leistungsvereinbarungen gezahlt wurden, fallen daher nicht unter diese Befreiung.
Die Teuerungsprämie ist auch von den Lohnnebenkosten wie der Sozialversicherung, der Kommunalsteuer und dem Dienstgeberbeitrag befreit.
Als üblicherweise bisher gewährt gelten in diesem Zusammenhang sowohl Zahlungen aufgrund eines arbeitsrechtlichen Anspruchs als auch freiwillige (unverbindliche, widerrufliche, etc) Zahlungen. Wenn bisher üblicherweise Bonuszahlungen geleistet wurden, ist die an deren Stelle gewährte Bonuszahlung steuerpflichtig. Eine zweimalige vorbehaltslose Auszahlung führt laut OGH dazu, dass dem Arbeitnehmer auch für künftige Jahre ein Anspruch auf diese Zahlung zusteht. Zahlungen aus bereits bestehenden Leistungsvereinbarungen bleiben daher weiterhin steuerpflichtig, auch wenn sie nunmehr unter dem Titel "Teuerungsprämie" gewährt werden.
HINWEIS: Daher besteht keine Steuerfreiheit, wenn die Teuerungsprämie an Stelle einer in den Vorjahren ausgezahlten Prämie gewährt wird.
Aufzahlungen für die Sonderklasse oder für eine Privatklinik sind ausnahmsweise dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen. Liegt eine ärztliche Bestätigung über die dringliche medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Privatkrankenhaus vor und wäre bei einer längeren Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus mit nachteiligen gesundheitlichen Folgen zu rechnen gewesen, sind die Kosten für die Privatklinik als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Als triftige medizinische Gründe für eine bestimmte Behandlungsart können auch Aussichten auf ein geringeres Risiko von Folgewirkungen der Operation gelten (zB „NanoKnife-Methode“).
Kosten für ein Alters- und Pflegeheim sind nur dann außergewöhnlichen Belastungen, wenn Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit vorliegen. Bei Bezug eines Pflegegeldes ab Stufe 1 kann jedenfalls von einer Pflegebedürftigkeit ausgegangen werden und sind die Kosten für eine Pflegeeinrichtung (zB Pflegeheim, Seniorenresidenz) als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Die Bundesregierung hat am 18.11.2022 einen Initiativantrag zur Abschöpfung von Übergewinnen energieproduzierender Unternehmen eingebracht (Bundesgesetz über den Energiekrisenbeitrag-Strom und über den Energiekrisenbeitrag-fossile Energieträger). Mit dieser Maßnahme sollen lt BMF zwei bis vier Milliarden Euro an Einnahmen generiert werden, mit denen Unterstützungen für Haushalte und Unternehmen finanziert werden sollen.